Der Pflegefall tritt oft unerwartet ein. Ein Unfall oder eine ernsthafte Krankheit können dazu führen, dass ein geliebter Mensch en Alltag plötzlich nicht mehr komplett selbstständig meistern kann. Der Vater bekommt z. B. einen Herzinfarkt – oder der Gesundheitszustand des Partners verschlechtert sich in Folge einer Operation. Beide benötigen akute Hilfe. Das kann schnell zu einer großen Herausforderung werden – erst recht, wenn sich herausstellt, dass man von der Kurzzeitpflege in die Langzeitpflege übergehen muss.
Was Du als Angehöriger in einer solchen Situation beachten solltest und wie Du die Langzeitpflege eines nahestehenden Menschen bestmöglich meistern kannst, verraten wir Dir im folgenden Leitfaden.
Das Wichtigste in Kürze
• Ermittle die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen, erstelle einen Budget-Plan und kläre rechtliche Fragen
• Die Pflegeversicherung deckt einen Teil der Pflegekosten ab
• Häusliche Pflege kann sehr kräftezehrend sein – achte daher auch auf Deine eigene Gesundheit
Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Langzeitpflege?
Der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Langzeitpflege liegt hauptsächlich in der Dauer und dem Zweck der Betreuung:
Kurzzeitpflege:
- Die Kurzzeitpflege ist eine zeitlich begrenzte Betreuung, die meist bis zu vier Wochen angeboten wird. Sie dient dazu, pflegende Angehörige vorübergehend zu entlasten – beispielsweise, wenn eine Person nach einem Krankenhausaufenthalt vorübergehend auf weitere Versorgung angewiesen ist und noch nicht nach Hause zurückkehren kann.
Langzeitpflege:
- Die Langzeitpflege hingegen ist eine dauerhafte Betreuung einer Person, die, die langfristig auf Pflege angewiesen sind – beispielsweise aufgrund des Alters, einer chronischen Krankheit oder Behinderung.
Wer hat Anspruch auf Langzeitpflege?
Einen Anspruch auf Langzeitpflege haben in Deutschland in der Regel alle Personen, die pflegebedürftig sind. Ob und in welchem Maß eine Person pflegebedürftig ist, bescheinigt der medizinische Dienst (MD) durch die Ermittlung des Pflegegrads. Der Antrag auf Pflegeleistungen erfolgt durch die pflegebedürftige Person oder druch einen gesetzlichen Vertreter über die Pflegekasse. Anschließend werden dem Antragsteller der Pflegegrad und die damit verbundenen Leistungen durch die Pflegekasse schriftlich mitgeteilt.
Planung der Langzeitpflege
Eine genaue Planung des weiteren Vorgehens ist wichtig, um spätere Herausforderungen oder Komplikationen zu vermeiden. Doch woher die Zeit dafür nehmen, wenn man berufstätig ist und sonstige Verpflichtungen hat? Bei einem akuten Pflegefall in der Familie darfst Du Dich von Deinem Arbeitgeber bis zu zehn Tage beurlauben lassen. Diese Zeit kannst Du für die anfängliche Akutpflege nutzen und bereits verschiedene Dinge organisieren, die für die Langzeitpflege notwendig sind:
Ermittlung des Pflegebedarfs:
Ermittle die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse des Pflegebedürftigen.
- Wie hoch ist der Pflegebedarf?
- Kann ich diesen allein oder zusammen mit anderen Angehörigen decken?
- Oder führt kein Weg an einem Pflegedienst vorbei?
Auflistung der Pflegekosten:
Was kostet eine Langzeitpflege? Finde es heraus, indem Du einen Budget-Plan erstellst, der Pflegekosten, Versicherungen und mögliche staatliche Unterstützung berücksichtigt. Suche dafür das Gespräch mit Pflegeberatern, Sozialarbeitern oder Pflegestützpunkten, da diese sich mit den Kosten gut auskennen. Prüfe außerdem, welche Pflegekosten steuerlich absetzbar sind. Dies kann den finanziellen Gesamtaufwand reduzieren.
Rechtliche Vorsorge:
Hole Dir rechtlichen Rat von einem Anwalt oder einem Experten für Pflege- und Sozialrecht, um rechtliche Fragen wie Patientenverfügung, das Testament oder Vollmachten zu klären. So gibt es z. B. eine Vorsorgevollmacht, die es Dir ermöglicht, im Namen der pflegebedürftigen Person rechtliche Angelegenheiten zu regeln.
Informationsbeschaffung:
Informiere Dich über verschiedene Pflegeheime, ambulante Pflegedienste und Pflegedienstleistungen. Berücksichtige dabei Bewertungsportale und Erfahrungsberichte im Internet. Krankenversicherungen und Pflegekassen sind ebenfalls gute Anlaufstellen, um an Informationen zu kommen.
Arten der Langzeitpflege
Es gibt verschiedene Arten von Langzeitpflege, die sich in Bezug auf den Ort der Pflege und die Intensität bzw. Qualität der Betreuung unterscheiden:
Häusliche Langzeitpflege:
Bei der häuslichen Langzeitpflege erfolgt die Pflege in der vertrauten Umgebung der pflegebedürftigen Person. Damit das gelingt, sind in der Regel Umbaumaßnahmen erforderlich, die der Barrierefreiheit dienen. Beispiele dafür sind die Montage von Rampen, Handläufen oder barrierefreien Badewannen. Auch kann die Anschaffung von Pflegehilfsmitteln wie Pflegebetten oder Elektrorollstühlen vorteilhaft sein. Professionelle Pflegekräfte können Dir bei der täglichen Pflege und medizinischen Betreuung helfen.
Teilstationäre Langzeitpflege:
Bei der teilstationären Langzeitpflege erhältst Du professionelle Unterstützung einer Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung. Letztere sorgt z. B. dafür, dass die pflegebedürftige Person nachts betreut und versorgt wird, einschließlich Unterstützung bei der Körperpflege, Medikamentenvergabe sowie anderen erforderlichen pflegerischen Maßnahmen. Dadurch wirst Du als pflegender Angehöriger zumindest für einige Stunden entlastet. Gleichzeitig profitiert der Pflegebedürftige von sozialen Kontakten und strukturierten Aktivitäten.
Stationäre Langzeitpflege:
Bei der stationären Langzeitpflege erhält die pflegebedürftige Person rund um die Uhr professionelle Betreuung. Dazu gehören beispielsweise eine umfassende medizinische Versorgung, therapeutische Angebote oder auch spezielle Pflege für Menschen mit bestimmten Erkrankungen wie Demenz. Die Einrichtungen sind so gestaltet, dass sie eine sichere Umgebung für die Bewohner bieten sowie verschiedene Angebote der sozialen Interaktion. Für Menschen mit hohem Pflegebedarf kann die stationäre Langzeitpflege unter Umständen kosteneffizienter sein, da die umfassenden Leistungen oft von der Pflegeversicherung abgedeckt werden.
Ambulante Langzeitpflege:
Bei der ambulanten Langzeitpflege erhält die pflegebedürftige Person ebenfalls rund um die Uhr professionelle Betreuung, jedoch in ihrer gewohnten Umgebung. Pflegekräfte besuchen sie regelmäßig, um notwendige Pflege- und Betreuungsleistungen zu erbringen.
FlixTipp
Gerade bei der häuslichen Pflege solltest Du rechtliche Aspekte wie Versicherungsschutz, Entlastung und mögliche finanzielle Unterstützungen frühzeitig klären. Hole Dir dafür rechtlichen Rat von einem Anwalt oder Experten für Pflege- und Sozialrecht, um alle relevanten Dinge abzudecken.
Was kostet eine Langzeitpflege?
In Deutschland ist es grundsätzlich so, dass die Pflegeversicherung einen Teil der Langzeitpflege-Kosten abdeckt. Um herauszufinden, welche Kosten übernommen werden, gilt es zunächst den Pflegegrad der pflegebedürftigen Person in Erfahrung zu bringen. Kontaktiere dafür ihre Pflegeversicherung und stelle dort einen Antrag auf Einstufung des Pflegegrads. Je nach Pflegegrad, gewährt die Pflegeversicherung unterschiedliche finanzielle Leistungen:
Pflegegeld:
Eine Direktzahlung an pflegebedürftige Personen oder deren pflegende Angehörige, wenn die Pflege privat organisiert wird.
Pflegesachleistungen:
Eine finanzielle Unterstützung für professionelle Pflegedienste, die häusliche Pflege erbringen.
Kombinationsleistungen:
Eine Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen.
Pflegehilfsmittel und Wohnraumanpassung:
Zuschüsse für Pflegehilfsmittel (z. B. Betten oder Rollstühle) und Anpassungen in der Wohnung zur Erleichterung der Pflege. Wie Du Deinen E-Rollstuhl von der Krankenkasse bezuschussen lassen kannst, erfährst Du hier.
Gut zu wissen
Pflegegeld gibt es bei den Pflegegraden 2 bis 5. Das Geld können Pflegebedürftige an ihre pflegenden Angehörigen oder andere Pflegepersonen (z. B. Nachbarn) weitergeben. Der monatliche Entlastungsbetrag von 125 Euro steht allen Pflegebedürftigen zu und kann ebenfalls in die Langzeitpflege investiert werden.
Tipps für die Selbstpflege
Bei allen Bemühungen, Deiner nahestehenden Person eine möglichst langfristige und zuverlässige Versorgung zu bieten, solltest Du eines nicht vernachlässigen: deine eigene Gesundheit. Denn umso mehr Zeit und Kraft Du in die Pflege investierst, desto höher ist die Gefahr, eigene gesundheitliche Schäden davonzutragen. Achte daher stets darauf, ausreichend Pausen oder Erholungsphasen einzulegen – und nimm bei Bedarf Unterstützung in Anspruch. Wichtige Anlaufstellen für pflegende Angehörige sind z. B. Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen wie der nächstgelegene Pflegestützpunkt. Auch können Dir Organisationen wie der Deutsche Pflegeverband oder der Sozialverband VdK Hilfestellung geben.
Fazit
Die Langzeitpflege kann entscheidend zur Erhaltung der Würde und Lebensqualität einer pflegebedürftigen Person beitragen. Um eine möglichst langfristige und zuverlässige Versorgung sicherzustellen, solltest Du zunächst die konkreten Anforderungen an die Pflege (u. a. Pflegegrad) definieren, die Langzeitpflege-Kosten hochrechnen sowie rechtliche Fragen klären. Dies hilft bei der Entscheidung, ob professionelle Unterstützung (z. B. eines Pflegedienstes) erforderlich ist.
Scheue Dich nicht, Unterstützung anzufordern. Solltest Du im familiären Umkreis keine erhalten, können Pflegestützpunkte, Pflegekassen, Pflegeberatungsstellen und Pflegevereine unterstützende Ansprechpartner sein.